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Fulvia und Octavia. Die beiden Ehefrauen des Marcus Antonius in den politischen Kämpfen der Umbruchszeit zwischen Republik und Principat

Robert Alexander Fischer

ISBN 978-3-89722-189-5
299 pages, year of publication: 1999
price: 40.00 €

Die vorliegende Monographie ist die Druckfassung der Dissertation, die von der Geschichtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen 1998 angenommen wurde. Es werden die Lebenswege von Fulvia und Octavia untersucht, die nacheinander mit Marcus Antonius verheiratet waren: Fulvia seit dem Jahr 46 (alle Jahreszahlen verstehen sich, soweit nicht anders gekennzeichnet, als Daten v.Chr.) bis zu ihrem Tod im Frühsommer 40, Octavia von Oktober/November 40. Sie war bis zur Scheidung der Ehe im Jahr 32 als Schwester Octavians Unterpfand des Friedens von Brundisium. In der genannten Periode erreichte Antonius den Höhepunkt seiner Macht.
Beide Frauen lebten und agierten in einer Zeit des Umbruchs: Nachdem die Herrschaft der Senatsaristokratie länger in eine schwere Krise geraten war, versuchte Caesar nach dem Sieg im Bürgerkrieg über Pompeius die Alleinherrschaft als Diktator. Er wurde bekanntlich als "Tyrann" getötet. Es folgte die 15-jährige Herrschaft dreier Männer: Antonius, Octavian und Lepidus (letzterer verlor jedoch früh an Bedeutung). Der römische Staat wurde schließlich von Octavian, dem Sieger über Antonius und die mit ihm verbündete Cleopatra, endgültig in eine Monarchie umgewandelt: Als Erbe Caesars und Sieger über den Rivalen war er seit 27 unter dem Ehrennamen Augustus Princeps der Römer.
Dieses Jahr 27 als Epochengrenze zwischen Republik und Kaiserzeit hat dazu geführt, daß es in der Forschung kaum übergreifende Betrachtungen gibt: Abhandlungen zur römischen Republik enden spätestens mit einem Ausblick auf die Ereignisse des Januar 27, Untersuchungen zur Kaiserzeit rekapitulieren als Einleitung die politisch-militärischen Ereignisse aus der Diktatur Caesars und dem Triumvirat des Octavian mit Lepidus und Antonius. Auch Forschungen zum Einfluß von Frauen in der Führungsschicht in Rom halten in dieser Weise die Grenze. Beiträge zur Republik enden entsprechend mit Persönlichkeiten wie Servilia, Clodia, Terentia oder Fulvia; und in Arbeiten zur Rolle von weiblichen Angehörigen der domus principis wird Livia als erste behandelt. Die Übergangszeit zwischen Republik und Kaiserzeit unter dem Aspekt der Rolle der Frauen im Umkreis der Mächtigen Roms ist daher der Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Monographie.

Fulvia und Octavia wurden bislang allenfalls isoliert voneinander untersucht. In der einschlägigen Forschung zu Octavian-Augustus und zu Antonius spielen beide Frauen bislang im besten Falle eine marginale Rolle: Sie werden oft nur in Nebensätzen erwähnt, und die Aussagen gehen zumeist nicht über die Informationen aus den Artikeln der Realencyclopädie hinaus. Die numismatische Forschung hat in Teiluntersuchungen zu den Prägungen des Antonius diejenigen Emissionen zusammengetragen, auf denen seine Ehefrauen abgebildet waren. Wenig Beachtung wurde dabei dem historischen Aspekt solcher Bildnisse geschenkt, eher wurden kunsthistorische Details wie die Art der Frisur analysiert. Wichtiges Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die historische Dimension der Bildnisse Fulvias und Octavias herauszuarbeiten.
Es wird untersucht, wie einzigartig der Aufstieg Fulvias war, welche Faktoren ihn begünstigten und in welcher Form ihre Person in den Quellen erscheint; ähnlich sollen die Begebenheiten und Einflüsse für den Lebensweg Octavias analysiert werden, um zu klären, inwieweit sie, die Nachfolgerin Fulvias an der Seite des Antonius, die Römerin ist, die den Übergang zwischen Republik und Principat hinsichtlich der Stellung der Frauen aus der römischen Elite verkörperte. Es soll versucht werden, Kontinuität und Diskontinuität in dieser Phase des Umbruchs, die Augustus nicht als solche bewertet sehen wollte, aufzuzeigen. Sein Leitmotiv war ja die Wiederherstellung des Gemeinwesens nach den Maßstäben der mores maiorum. Gerade die Erforschung der Lebensläufe Fulvias und Octavias läßt Rückschlüsse auf Wandel, Fortentwicklung oder Rückschritt hinsichtlich der traditionellen Rollenverteilung innerhalb der römischen Führungsschicht erwarten: Beide standen in exklusiver Verbindung zu den Machthabern Antonius und Octavian, die das Triumvirat zur Herrschaftsteilung über den Ost- und den Westteil des Reiches verändert hatten.
Im ersten, biographischen Teil wird eingehend erörtert, inwieweit sich der Einfluß der Propaganda des Siegers von Actium auf das Erscheinungsbild der beiden Frauen in den Quellen ausgewirkt hat.
Im zweiten Teil steht wegen der Bedeutung dieser Quellengattung die Erforschung der Münzprägungen des Antonius im Mittelpunkt. Dabei soll der Frage nachgegangen werden, welche Rolle beiden Frauen jeweils zugedacht war und inwieweit Einflüsse aus der westlichen und östlichen Tradition in der Typologie nachweisbar sind.
Im Ergebnis kann festgestellt werden, daß es Fulvia als erster und einziger Frau in Rom gelungen war, die dem weiblichen Geschlecht gezogenen Grenzen zu übertreten. Sie hatte politische und militärische Macht erlangt und ausgeübt: In der Quellenanalyse wurde der Nachweis geführt, daß sowohl ihr Einfluß auf die Proskriptionsliste des Antonius als auch die Marschbefehle an die Feldherren des Antonius während des Perusinischen Krieges glaubhaft sind. Für eine Gesellschaft, die traditionell Frauen von öffentlichen Ämtern und damit von politischer Betätigung ausschloss, war die Tragweite eines derartigen Vorgangs unabschätzbar. Das Tabu der in den mores maiorum wurzelnden Gesellschaft war gebrochen, die herkömmliche Sozialstruktur mit ihren nach dem Geschlecht geteilten Aufgaben war damit in Frage gestellt. In der Umbruchszeit waren militärische und politische Macht synonym. Daß es einer Frau gelingen konnte, über ein Heereskommando die geschlechtsspezifischen Schranken des Zugangs zur Macht zu überwinden war ein Ereignis, das als Bedrohung des herkömmlichen Gemeinwesens verstanden wurde. Octavian setzte dieser Karriere mit seinem Sieg im Perusinischen Krieg ein Ende.
Da Fulvia es gewagt hatte, als Frau in den männlichen Machtbereich einzudringen und damit einen Grundpfeiler der römischen Gesellschaftsordnung anzugreifen, wurde das Bild ihrer Person in den Quellen verzerrt. Die Autoren gehörten zu der männlichen römischen Elite, deren Position durch sie bedroht worden war. Speziell bei Cassius Dio findet sich das in der vorliegenden Arbeit nachgewiesene Darstellungskonzept, dessen Leitmotive sowohl bei Fulvia und Cleopatra als auch später bei Messalina und Agrippina d.J. Verwendung finden, quasi als Topoi zur Diffamierung mächtiger Frauen in verschiedenen Epochen: Fulvia läßt während der Proskriptionen mit willkürlicher Grausamkeit Männer töten; ebenso eigenmächtig geht Messalina vor. Fulvia wird von ihrer Habgier angetrieben; dieses Motiv findet sich auch bei Agrippina. Fulvia mißhandelt geradezu bestialisch die Zunge am abgeschlagenen Schädel Ciceros; Agrippina untersucht kaltblütig die Zähne am abgeschlagenen Schädel einer Rivalin, die sie hatte töten lassen. Dio greift in beiden Fällen mit den Frauen auch die Ehemänner an: War Antonius nicht in der Lage gewesen, Fulvia unter Kontrolle zu halten und sie innerhalb der Schranken ihres Geschlechts zu halten, so stellte sich bei dem Princeps Claudius die Situation noch dramatischer dar, denn dieser war die Marionette von Frauen und Freigelassenen.
In der Quellenanalyse Dios wurde gezeigt, daß nur ein Teil der Informationen dieses Autors ernsthaft als Ereignisinformation zu den Aktivitäten Fulvias in Betracht kommt. Es ist für die Würdigung von Fulvias politischem Einfluß nicht notwendig, die nach dem Stereotyp für "schlechte" Frauen von Dio konstruierten Episoden zur Schändung des Cicero-Hauptes und zu Fulvias Regiment über ihren Schwager Lucius, den Konsul des Jahres 41, und den römischen Senat als Tatsachen zu verarbeiten. Wie lassen sich aber die Münzbilder Fulvias erklären, wenn man die Angaben Dios zum Beginn des Konsulatsjahres 41 für unglaubwürdig hält? In der vorliegenden Arbeit wurde gezeigt, auf welchen Informationen die Identifikation Fulvias auf drei Münzbildern beruht: Auf der Bronzeprägung aus Eumeneia stützt sich die eindeutige Zuordnung Fulvias zu einer Nike-Abbildung auf den geänderten Stadtnamen (die Bürgerschaft nannte sich "Fulvianoi"), der Teil der Münzlegende ist. Für die beiden Quinare aus Lugdunum ist die Legende des Antonius auf der zweiten Emission der mittelbare Hinweis; zusätzlich spielt das Kriterium der römischen Modefrisur mit herein, so daß für diese Victoriae ebenfalls die Annahme eines unterlegten Fulvia-Porträts zulässig erscheint. Gäbe es allerdings nicht die Fulvia-Nike aus Eumeneia, wäre die Einstufung der Victoriae auf den Quinaren aus Lugdunum als mögliche Fulvia wesentlich schwieriger zu erhärten, da die phrygische Emission als gesicherter Beleg für einen "Trend" zum versteckten Individualporträt in den Jahren 44 bis 40 eine entscheidende Rolle spielt. Es ist folglich nicht notwendig, an das Zerrbild der blutrünstigen Furie (Cicero und Cassius Dio) zu glauben, um Fulvias politische Rolle und deren Niederschlag in den Münzbildern zu bewerten.

Octavia als Schwester des Augustus mußte all jene Werte verkörpern, die der restitutor rei publicae propagierte. Sie war vom selben Blut wie ihr Bruder, und der Erhöhung seiner Männlichkeit im clupeus virtutis clementiae iustitiae pietatis erga deos patriamque entsprach die Idealisierung ihrer weiblichen Rolle als schöne, intelligente, treue, fruchtbare römische Ehefrau, fürsorgliche Mutter und loyale Schwester. In dem Geschwisterpaar war damit alles vereinigt, was man in Rom mit traditioneller Moral und Weltanschauung in Verbindung bringen konnte. Die Analyse der Quellenbelege zum Erscheinungsbild Octavias hat gezeigt, daß ihre Persönlichkeit wohl tatsächlich weitgehend dem Idealbild einer matrona Romana entsprach. Es gibt keine Hinweise auf eigene politische Aktivitäten während der Bürgerkriege, und ab dem Jahr 27 widmete sie sich neben ihren Kindern der Kunst und der Literatur. Vermutlich hatte sie nach der Erfahrung von beinahe 25 Jahren, die sie als nahe Verwandte Caesars und später als Schwester Octavians in zwei aus politischer Räson geschlossenen Ehen hatte verbringen müssen, kein Interesse mehr an einer Männer-Politik, in der sie stets nur Verfügungsmasse gewesen war: Ihre Ehe mit dem Pompeianer C. Claudius Marcellus war bereits eine politisch arrangierte; als mit dem Tod Iulias die Rivalität zwischen Caesar und Pompeius zu eskalieren drohte, wurde Octavias erste Ehe zur Disposition gestellt und sie selbst als neues politisches Unterpfand angeboten. Ebenso verfuhr ihr Bruder 14 Jahre später, als sie Antonius heiraten mußte. Sie war damit im Ersten Triumvirat eine wichtige Ehekandidatin im Zentrum der politischen Macht Roms, im Zweiten Triumvirat die entscheidende Frau für die Verständigung der beiden mächtigen Politiker Antonius und Octavian. Dies war insofern die letzte derartige Ehe der Republik, als nach Actium eine Rivalität zwischen zwei militärischen Oberbefehlshabern nicht mehr möglich war. Der Imperator Augustus hatte den entscheidenden Machtfaktor Heer monopolisiert, der Konflikt zwischen den Imperatoren der späten Republik war mit dem monarchischen Prinzipat aufgehoben. Die politischen Ehen im frühen Prinzipat hatten damit eine andere Qualität und waren auf die Bedürfnisse der domus principis ausgerichtet. Octavias Ehe mit Antonius bildete somit den Höhepunkt in der Reihe der entscheidenden Ehen Roms - und zugleich den Schlußpunkt, da das Zweite Triumvirat die libera res publica letztlich zu einem definitive Ende brachte.
Zu Beginn des Principats war Octavias Sohn Marcellus der einzige männliche Blutsverwandte des Augustus, und dieser entwickelte eine dynastische Konzeption für seine Schwester und seinen Neffen. In Rom brachte die Monarchie des Principats mit der Vorstellung von Nachfolge und Dynastie an der Spitze des Staates eine neue Situation, verglichen mit der bisherigen Oligarchie der Nobilität, innerhalb derer die Söhne über den cursus honorum ihren Aufstieg bis ins kollegiale Konsulat hatten "verdienen" müssen. Augustus wagte sich deshalb anfangs nur sehr behutsam an diese Pläne, in deren Kontext die Porticus Octaviae und die darin befindlichen Opera Octaviae gesehen werden müssen. Mit ihren Bauten gehörte Octavia also zur dynastischen Propaganda, und die Art der Gebäude enthüllte eine weitere Aufgabe der Schwester des Princeps: Sie nahm durch die Stiftung der Bibliotheken und der Kunstsammlung die kulturellen Aufgaben des Principats mit wahr. Auch in seiner Münzprägung blieb der Princeps vorsichtig: Für Marcellus wurde noch keine Münze geprägt; 15 Jahre später war dies dann für die Enkel des Augustus, Gaius und Lucius, bereits möglich. Auch soweit Autoren wie Cassius Dio den Einfluß von Frauen der domus principis als Kriterium für die politischen und moralischen Qualitäten eines Princeps zugrundelegten, konnte das Urteil über die Persönlichkeit des Augustus positiv ausfallen: Livia als seine Ehefrau und seine Tochter Iulia hatten sich seinen Vorstellungen zu beugen, und von Octavia drohte ebenfalls keine politische Initiative. Keine der drei Frauen gelangte also in eine machtpolitisch sichtbare Position, und eine exponierte Stellung einer Frau aus dem kaiserlichen Haushalt auf einer Münze war zu Lebzeiten des ersten Princeps in Rom nicht erwünscht. Deshalb blieb Octavia bis zum Tod ihres Bruders die erste und einzige Frau in Rom, deren Porträt auf Münzen geprägt worden war - Auftraggeber war ihr Gemahl Antonius gewesen: Den Philhellenen und die ägyptische Königin hatte Octavian besiegt, und unter seiner Herrschaft als Augustus sollte es diese Einflüsse in der Münzprägung Roms nicht mehr geben.

Nach Actium war es das Anliegen des künftigen Princeps, die Triumviratszeit mit allen negativen Erscheinungen in Vergessenheit zu bringen. Augustus versuchte daher als restitutor rei publicae, in möglichst vielen Bereichen einen Brückenschlag zwischen dem Gemeinwesen traditioneller Prägung und der maskierten Monarchie des Prinzipats zu bewerkstelligen, der die Brüche und die Wunden aus der Bürgerkriegszeit überdecken sollte. Hinsichtlich der Rollenverteilung zwischen Mann und Frau manifestierte sich dies in der Propagierung der matrona Romana als Idealtypus. Octavias Person war aufgrund ihres tadellosen Lebenswandels dazu angetan, als strahlendes Exemplum innerhalb der domus principis präsentiert zu werden: Sie war die einzige Römerin, die nach einer "klassischen" politischen Ehe in den führenden Kreisen der Nobilität eine zweite Ehe mit Vermittlungsfunktion innerhalb des gesetzlich legitimierten Zweiten Triumvirat geführt hatte. Als Ehefrau des Triumvirn Antonius war sie dem Idealbild einer Römerin treu geblieben, ganz anders als ihre Vorgängerin Fulvia, in deren Person die Propaganda des Siegers alle Symptome des Niedergangs der Gesellschaft vereinigen ließ: Selbstsucht, Geldgier, Grausamkeit und das Streben nach militärischer Macht - Schlüsselqualifikationen vieler führender Politiker der späten Republik, jedoch exklusiv den Männern vorbehalten. Während Fulvia damit das negative Exempel einer Römerin abgab, kam Cleopatra zeitgleich die Rolle der das Gemeinwesen bedrohenden Monarchin hellenistischer Prägung zu. So ließ sich die Bedrohung für die traditionelle Gesellschaftsstruktur von innen und von außen mit Fulvia und Cleopatra personifizieren: Beide wurden von Octavian besiegt. Octavia als sein eigen Fleisch und Blut hatte dagegen vorgelebt, wie man als Frau in Rom auch in einer politisch radikalen Phase mit Anstand lebte. Dieser Lebenswandel sollte nun für Frauen erst recht im neuen Zeitalter des augusteischen Friedens gelten, und Octavia als Schwester des Augustus war die Identifikationsfigur dieser Sittenpolitik: Im Umfeld der Staatsspitze eine der letzten traditionell-römischen Ehefrauen der Republik vor den Iden des März, in der Umbruchszeit des Triumvirats die einzige im Machtzentrum mit einer politischen Rolle und schließlich im Prinzipat als Schwester des Augustus und Mutter des Marcellus die erste Matrona dieser neuen Ära. Hätte ihre Schwägerin Livia mit Augustus ein Kind gehabt, womöglich einen Sohn, wäre Octavias Rolle wohl bescheidener ausgefallen. Als ideale Römerin und als Mutter des "Kronprinzen" Marcellus war ihre Bedeutung für die domus principis aber entsprechend hoch.
Die Nachfolger des Augustus wichen in vielerlei Hinsicht von den Vorstellungen des ersten Princeps über die Stellung und Darstellung von Frauen aus der kaiserlichen Familie ab. Nach Tiberius waren alle Kaiser des iulisch-claudischen Hauses Nachkommen von Octavia und Antonius, ebenso wie Agrippina d.J., Ehefrau (und Nichte) des Claudius und Mutter Neros. Die Einbeziehung von Frauen in die numismatische Herrschaftsdarstellung darf als Rückgriff auf die Präzedenzfälle gelten, die im römischen Reich mit den Emissionen des Antonius geschaffen worden waren. Dessen Nachkommen knüpften an diese hellenistisch beeinflußten Konzeptionen des Triumvirn wieder an, indem sie ihre weiblichen Verwandten in der Bildpropaganda präsentierten. Grundidee war hierbei die Befriedigung der Identifikationsbedürfnisse innerhalb der Bevölkerung. Antonius war damit den Vorstellungen im hellenistischen und traditionell monarchischen Ostteil des Reiches begegnet; seine Nachkommen bedienten damit nun auch die Wünsche im Westteil des Reiches - die Monarchie generiert offenbar eine ähnliche Phänomenologie. Auch im Bereich der Selbstdarstellung des herrschenden Kaiserhauses war damit die Maske des Principats heruntergerissen, die streng traditionelle Gesellschaftskonzeption des Augustus, der mit seiner offensiv propagierten Rückkehr zu den mores maiorum seine Alleinherrschaft für die römische Elite akzeptabel gemacht hatte, wurde für jedermann offensichtlich zur Disposition gestellt.
Einige Frauen der domus principis übten am Ende der iulisch-claudischen Dynastie eine Macht auf die Entscheidungen der Principes aus, die ihnen nach Ansicht der männlichen Elite nicht zukam. In den Quellen wurden sie deshalb kategorisch verurteilt, und wie eingangs diese letzten Teils bereits geschildert waren die hierbei verwendeten Stereotype dieselben, mit denen bereits Fulvias Verhalten und ihre Persönlichkeit belegt wurden. Mit der Überwindung der Bürgerkriegswirren hatte Augustus eine dialektische Situation geschaffen: Die res publica in ihrer exklusiv männlichen Regierungsform war wiederhergestellt, die Gefahr einer "Frauenherrschaft" im Stile Fulvias oder gar in Form einer hellenistischen Königin wie Cleopatra war gebannt. Dies wurde unter dem Schlagwort der restitutio propagiert. Ein Phänomen der Umbruchszeit war damit beseitigt, nicht aber die tiefere Ursache, die Auflösung der aristokratischen Strukturen und die Monopolisierung der militärischen und politischen Macht. Der Principat hatte grundsätzlich die Macht der männlichen Elite gegenüber ambitionierten Frauen gesichert; die monarchische Staatsform führte aber zwangsläufig dazu, daß der traditionelle weibliche Einfluß im Hintergrund, wie er innerhalb der Nobilität der Republik üblich und anerkannt gewesen war, nun auf die domus principis konzentriert war. Das System des Principats garantierte also unter anderem, daß außerhalb der domus principis die Frauen der römischen Elite keinerlei politischen Einfluß mehr erlangen konnten. Dies war nur deshalb so sicher, weil die politische Macht der Nobilität selbst entzogen worden war. Damit hatte sich die Oberschicht im Principat zu arrangieren. Als unter Caligula, Claudius und Nero dieses empfindliche Gleichgewicht zwischen formaler Aristokratie und faktischer Monarchie zerstört wurde, richtete sich die Kritik der Elite auch gegen die jeweils einflußreichen Frauen der domus principis, da allein mit diesem Phänomen das Versagen des Princeps bereits bewiesen war.

Im Anhang der Monographie wird ein Stempelcorpus der Bronze-Prägung aus Eumeneia- Fulvia (Phrygien; heute Isikli in der Türkei) publiziert. Erfaßt und analysiert werden 45 Exemplare aus privaten und öffentlichen Sammlungen sowie aus dem Handel. Nachgewiesen werden 11 Vorderseiten und 17 Rückseitenstempel. Zudem tragen 6 Stücke einen, 8 Stücke zwei Gegenstempel. Katalog-Identifikation: BMC (Phrygia), Eumeneia, 213, Nr. 20-21, Taf. 27, 4+5; RPC I, 509, Nr. 3139; SNG Tübingen, Nr. 4012.
Beschreibung der Münze:
Vorderseite: Keine Legende. Kopf der Nike nach rechts, mit den unterlegten Zügen Fulvias.
Rückseite: Athena mit Schild und Lanze nach links.
Legende (Transkription): FOULOUIANON / ZMERTORIGOS / FILONIDOU

Auf 12 Tafeln sind alle bekannten Münzen zu Fulvia und Octavia mit mindestens einem Exemplar, die 45 Exemplare des Stempelcorpus vollzählig abgebildet.

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  • Geschichte
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